Die Zellstoffindustrie zählt zu den energieintensivsten Industriebranchen. Ein erheblicher Anteil der eingesetzten Energie geht bisher oft als ungenutzte Abwärme über Abluft oder Abwasser verloren. Diese Wärme kann in einem Wärmerückgewinnungssystem wiedergewonnen werden, um die Effizienz der Energienutzung zu verbessern und damit eine Reduzierung der Energiekosten zu erreichen.
Für die Verwertung überschüssiger Wärmeenergie bestehen grundsätzlich drei Möglichkeiten:
Überschüssige Wärme mit höheren Temperaturen wird in Industrieprozessen häufig kaskatiert genutzt. Dabei durchläuft die Abwärme mehrere hintereinander geschaltete Prozesse mit einem abnehmenden Temperaturniveau, um die Abwärme so effizient wie möglich zu verwerten.
Die Abwärme wird zunächst zur Erzeugung von Hochdruckdampf verwendet oder Verbrauchern zugeführt, die hohe Temperaturen benötigen. Dabei entsteht wiederum Abwärme, allerdings auf einem niedrigeren Temperaturniveau. Diese Abwärme steht als weiteres Abwärmepotential zur Verfügung, welches beispielsweise zur Erwärmung von Produkten, Speisewasser oder Kesselwasser genutzt werden kann.
Übrig bleibt eine Abwärme mit niedrigen Temperaturen unter 100 Grad, für die häufig keine werksinternen Abnehmer zur Verfügung stehen. Anstatt diese Energie zu vernichten, bietet sich die Auskoppelung in Fern- und Nahwärmenetze an, die üblicherweise mit Zieltemperaturen von 70 bis 100 Grad Celsius laufen.
Der Produktionsprozess in der Zellstoff- und Papierindustrie läuft in zahlreichen hintereinander geschalteten Produktionsschritten ab, die bei bestimmten Druck- und Temperaturverhältnissen stattfinden. Immer dann, wenn in einem Prozessschritt niedrigere Temperaturen benötigt werden als im vorgelagerten Prozessschritt, entsteht überschüssige Wärmeenergie. Um diese Abwärme effizient nutzen zu können, ist das Potential der vorhandenen Abwärmequellen zu identifizieren und mit verfügbaren Abwärmesenken abzustimmen.
Die Höhe des Potentials von Abwärmequellen ist durch folgende Parameter definiert:
Bei der Beurteilung des Potentials zur Wärmerückgewinnung in Zellstoffwerken sind somit vor allem zwei Voraussetzungen wichtig: Zum einen muss genügend Restwärme zur Verfügung stehen, die möglichst hohe Temperaturen aufweist. Zum anderen braucht es Abnehmer, welche die überschüssige Wärmemenge „verwerten“ können.
Zusammengefasst lassen sich die Kriterien für die Bewertung von Abwärmepotentialen wie folgt darstellen:
Die Voraussetzung zur wirtschaftlichen Umsetzung von Systemen zur Wärmerückgewinnung ist die Übereinstimmung von Abwärmequelle und Wärmeverbraucher. Die wichtigsten Kriterien diesbezüglich sind:
Wenn Abwärme prozess- oder betriebsintern genutzt wird, geschieht dies entweder direkt über einen Wärmetauscher oder indirekt durch Einspeisung in ein werksinternes Dampfnetz. Bei Vorliegen bestimmter Rahmenbedingungen bietet sich zudem der Einsatz von Wärmepumpentechnologie an.
Die Nutzung von Abwärme durch den Einsatz von Wärmeüberträgern bzw. Wärmetauschern ist meist die technisch einfachste und kostengünstigste Variante. Fast überall, wo ungenutzte Wärmeenergie als „Abfallprodukt“ entsteht, lohnt es sich, den Einsatz eines Wärmetauschers zu prüfen, um die Effizienz der Gesamtanlage zu steigern.
Wärmetauscher machen Abwärme für Prozesse auf ähnlichem bzw. geringerem Temperaturniveau nutzbar. Sie übertragen die thermische Energie eines Mediums (Gas oder Flüssigkeit) auf ein Medium niedriger Temperatur, ohne dass sich beide Medien berühren oder vermischen. Dazu überträgt das wärmere Medium seine Energie über die Wärmeübertragerfläche, welche maßgeblich die Leistung des Apparats bestimmt, an das kältere Medium.
Die Auswahl der eingesetzten Wärmeüberträgertechnologie ist von verschiedenen Randbedingungen abhängig:
Angepasst an die Prozesse gibt es verschiedenste Bauarten. So erfordert ein Wärmetauscher, der abgezogenen Dampf kondensiert, eine andere Konstruktion als ein Wärmetauscher, der ein Prozesskondensat herunterkühlt.
In großen Fabriken der Zellstoffindustrie werden unterschiedlichste Verbraucher über komplexe Dampfnetze versorgt. Fällt an einem Punkt im Prozess genügend Abfallwärme mit einer Temperatur von deutlich über 150 Grad Celsius an, bietet sich die Errichtung eines Dampferzeugers an, um die Abwärme dem Werksenergienetz zuzuführen. In den meisten Anlagen ist die interne Kreislaufschließung zur Verringerung des Primärdampfeinsatzes bereits Stand der Technik. Abwärmen mit einem Temperaturniveaus von über 140 °C werden nahezu vollständig intern genutzt.
Wärmepumpen stellen eine Effizienzsteigerungstechnologie dar, die in den nächsten Jahren signifikant an Bedeutung gewinnen wird. Durch ihre Verwendung kann der Einsatz fossiler Energieträger für die Bereitstellung von Prozesswärme deutlich reduziert werden, indem Prozessabwärmen auf nutzbare Temperaturniveaus gehoben werden und so in die Prozesse rückführbar sind (z.B. als Prozessdampf).
Für die Abwärmenutzung durch Wärmepumpen sind insbesondere Niedertemperaturströme relevant, die nicht mehr direkt in Wärmetauschern genutzt werden können. Interessante Bereiche für ihren Einsatz in der Zellstoff- und Papierindustrie sind vor allem Wasch- und Trocknungsprozesse, sowie das Eindampfen und Destillieren. Alternativ kann Niedertemperatur-Abwärme auch in ein Nah- oder Fernwärmenetz eingespeist werden.
In der Zellstoffindustrie kommen vor allem mechanische Brüdenverdichter zum Einsatz, da sie anderen Wärmepumpentypen hinsichtlich Effizienz und Wirtschaftlichkeit überlegen sind. Brüdenverdichter sind offene Wärmepumpensysteme, die über keinen Kältemittelkreislauf verfügen. Stattdessen wird das gasförmige Abwärmemedium von einem Verdichter angesaugt und durch Druckerhöhung direkt auf ein höheres Temperaturniveau gehoben. Das Einsatzgebiet erstreckt sich über sämtliche thermische Trennverfahren.
Für die Chemikalienrückgewinnung im Sulfit- wie auch im Sulfatverfahren wird die Technologie genutzt, um den bei der Eindampfung von Lauge entstehenden Prozessdampf (Brüden) auf ein höheres Temperatur- und damit höheres Energieniveau zu heben und anschließend dem Prozess wieder als Arbeitsdampf zuzuführen. Der Energieeinsatz zur Erzeugung von Frischdampf ist im Vergleich dazu um ein Vielfaches höher. Besonders bewährt hat sich die mechanische Brüdenverdichtung im Zuge von Projekten zur Leistungssteigerung bestehender Anlagen und zur Voreindampfung.
Lassen sich im Zellstoffwerk keine passenden Verbraucher finden, kann Abwärme über Niedertemperatur-Wärmenetze an Dritte verkauft werden anstatt sie zu vernichten. Denkbar ist auch die Übernahme von Lastspitzen in Fernwärmenetzen, insbesondere wenn Anlagenbetreiber ihre eigene Energieversorgung betreiben.
Nah- und Fernwärmenetze verfügen über den Vorteil, sehr flexibel eine Vielzahl unterschiedlicher Wärmequellen nutzen zu können, die sowohl zentral als auch dezentral sein können. Das Wärmenetz nimmt unterschiedliche Energiequellen, in unterschiedlicher Höhe und an unterschiedlichen Punkten auf, egal ob Sommer oder Winter.
Was auch immer daher an Abwärme im Zellstoffwerk anfällt und wirtschaftlich sinnvoll ist, kann ausgekoppelt und gewinnbringend in das Wärmenetz eingespeist werden. Das Unternehmen spart Kühlwasserkosten, generiert Einnahmen durch den Verkauf von Wärmeenergie und leistet darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Reduktion von CO2 Emissionen, da die eingespeiste Wärme sonst anderweitig erzeugt werden müsste.
Der überwiegende Anteil an Zellstoffwerken in Europa ist historisch gewachsen und wurde im Laufe der Zeit immer wieder erweitert. Jedes einzelne Werk ist ein Unikat mit seinen eigenen Spezifika, Betriebspunkten und Feeds. Zudem ist der Energieeinsatz sehr komplex und der spezifische Energieverbrauch in den einzelnen Zellstoffwerken sehr unterschiedlich. Um das Abwärmepotential zu evaluieren, muss daher jede Anlage umfassend analysiert werden. Sobald prozessseitig geklärt ist, welche Energieüberschüsse auszukoppeln sind, können die Wärmetauscher entsprechend den Randparametern optimiert ausgelegt werden.
In Zellstoffprozessen fallen häufig Abwärmen an, die sich auch unterhalb des Temperaturspektrums von 50 bis 70 Grad Celsius befinden und somit für Niedertemperatur-Fernwärmenetze nicht geeignet sind. In den kommenden Jahren werden zur Verwertung solcher Energiequellen verstärkt Großwärmepumpen zum Einsatz kommen.
Großwärmepumpen sind eine kosteneffiziente Möglichkeit zur Integration bislang ungenutzter Abwärmen in betriebsinterne Prozesse als auch in Nah- und Fernwärmenetze. Sie entziehen Abwärmequellen auf einem vergleichsweise niedrigen Temperaturniveau thermische Energie und stellen diese auf einem höheren Temperaturniveau dem Nah- oder Fernwärmenetz zur Verfügung.
Zum Einsatz kommen dazu offene System ähnlich der Brüdenkompression oder auch geschlossene Systeme mit einem Hilfsmedium. Selbst Abwärme von unter 50 Grad Celsius bietet noch ein beachtliches Temperaturniveau und kann mit Wärmepumpen auf Basis eines mehrstufigen Verdichtersystems unter vertretbarem Aufwand auf Niederdruckdampfniveau gehoben werden.
Wärmepumpen sind technisch ausgereift und arbeiten zuverlässig, effizient und wirtschaftlich. Die größte Herausforderung liegt heute nicht mehr in der Wärmepumpen-Technologie, sondern in der optimalen Auslegung und Integration der Wärmepumpen in das Gesamtsystem.
Elektrisch angetriebene Kompressionswärmepumpen spielen als effiziente Wärmetransformatoren eine Schlüsselrolle in der Nah- und Fernwärmeauskopplung. Im Gegensatz zu Brüdenverdichtern mit einem offenen Kreislauf handelt es sich bei Kompressionswärmepumpen um ein geschlossenes System, welches nach dem Kaltdampfprinzip arbeitet und durch einen mechanischen Verdichter angetrieben wird:
Neben Maßnahmen zur Verringerung des Energieeinsatzes stellt die Abwärmenutzung eine der günstigsten Möglichkeiten dar, den Energiebedarf im Unternehmen durch entsprechende Anlagentechnik zu reduzieren. Insbesondere die Brüdenverdichtung wie auch Großwärmepumpen gewinnen zunehmend an Bedeutung und werden gemeinsam mit der Energieauskopplung in Nah- und Fernwärmenetze in den kommenden Jahren verstärkt zur Anwendung kommen.
GIG Karasek verfügt im Bereich der Zellstoffindustrie über hohe Expertise in der Analyse und Bewertung von Abwärmeströmen und deren mögliche Nutzung. Auch verfügen wir über langjährige Erfahrung in der Integration von Wärmerückgewinnungssystemen in Zellstofffabriken und bieten zudem die Möglichkeit, das erforderliche Equipment zu fertigen.