Der Einsatz von Technologien zur CO2-Verwertung hat in den letzten Jahren weltweit große Aufmerksamkeit erlangt. Langfristig gesehen werden sie ein unverzichtbarer Bestandteil für zukünftiges Wirtschaften sein. In diesem Artikel zeigen wir verschiedene CO2 Umwandlungs- und Nutzungspfade auf und erläutern, warum GIG Karasek die elektrochemische CO2-Umwandlung im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte vorantreibt.
CO2 Abscheidung und Verwertung (Carbon Capture & Utilization, kurz CCU) bezeichnet Technologien, die CO2 aus der Atmosphäre oder aus Rauchgasen abscheiden und anschließend in Produkte mit Mehrwert wie Kunststoffe, Baumaterialien, synthetische Brennstoffe oder Chemikalien (z.B. Kohlenmonoxid, Methanol, Ethanol, Olefine, Ameisensäure) umwandeln. Wie lange das CO2 durch diese Nutzungen gebunden bleibt, ist abhängig vom Produkt.
CCU-Technologien beruhen im Wesentlichen auf zwei voneinander isolierten Schritten: dem Abscheidungs- und dem Umwandlungsschritt. Obwohl die Gesamteffizienz des CCU-Prozesses von der Kombination dieser Schritte abhängt, wurden CO2-Abscheidung und Verwertung bislang meist unabhängig voneinander erforscht. Dieser Umstand hat dazu geführt, dass Abscheidesysteme bereits im industriellen Maßstab entwickelt sind, während sich Verwertungs- bzw. Umwandlungstechnologien noch in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden.
GIG Karasek richtet den Fokus seiner Forschungsprojekte daher nicht auf die CO2-Abscheidung, sondern auf die Entwicklung von innovativen Verfahren zur CO2-Verwertung. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf der elektrochemischen CO2-Umwandlung, auf die wir nach Vorstellung aktuell erforschter Umwandlungspfade im Folgenden näher eingehen werden.
Abbildung 1: CO2-Abscheidung aus Punktquellen und anschließende Verwertung von CO2 über verschiedene Umwandlungspfade (Eigendarstellung).
Da CO2 eine thermodynamisch stabile Verbindung ist, erfolgt die Umwandlung von CO2 in der Regel durch einen katalytischen Prozess mit zusätzlichem Input, z.B. aus erneuerbaren Energiequellen. Nachfolgend ein Überblick der wichtigsten Verwertungstechnologien, die derzeit untersucht werden, einschließlich deren technologischer Reifegrad (TRL):
Die thermochemische CO2-Umwandlung verwendet Katalysatoren und eine Kombination aus Hitze und Druck, um CO2 in wertvolle Produkte umzuwandeln. Mit einem Technologiereifegrad zwischen 5 und 9 ist dies derzeit die ausgereifteste Technologie für die CO2-Umwandlung. Zu den Herausforderungen bei diesem Reaktionsweg gehören die Reversibilität und die thermodynamischen Einschränkungen von Reaktionen.
CO2-Mineralisierungsprozesse basieren auf der Reaktion von Metallkationen (z. B. Mg, Ca, Fe) mit CO2, um feste und stabile Carbonat-Mineralien zu bilden und so CO2 dauerhaft zu speichern. Die entstehenden Carbonate sind potenziell vielseitig einsetzbar, zum Beispiel als Füllstoffe, Zementzusätze oder für Projekte zur Landgewinnung. Die CO2-Mineralisierung wird dennoch nur ein Hebel zur Dekarbonisierung der Industrie bleiben, sie wird nicht in der Lage sein, die Massenbilanz ins Gleichgewicht zu bringen.
Die elektrochemische bzw. elektrokatalytische CO2-Reduktion (eCO2R) ist eine Reaktion, bei der das CO2 durch den Einsatz von Elektrizität als Energiequelle in eine Spezies mit einem niedrigeren Oxidationszustand umgewandelt und damit elektrochemisch reduziert wird (Spezies = eine bestimmte Sorte von Teilchen, z.B. Moleküle). Das vielversprechende Verfahren ermöglicht ein sehr breites Produktspektrum (z.B. Methanol, Ameisensäure, CO, Methan).
Bei der bioelektrischen Umsetzung von CO2 werden die Verfahren der Elektrolyse und Fermentation miteinander kombiniert. Für die CO2-Umwandlung kommen Mikroorganismen zum Einsatz, die CO2 in einem einstufigen oder zweistufigen Prozess zu Methan reduzieren können. Beim zweistufigen Verfahren wird im ersten Schritt Wasserstoff produziert. Anschließend wird dieser in einem zweiten Schritt gemeinsam mit CO2 einem Bioreaktor zugeführt, der anaerobe methanogene Bakterien zur Methanproduktion enthält. Das einstufige Verfahren ist noch wenig entwickelt Das zweistufige Verfahren steht kurz vor der Kommerzialisierung, der Prozess ist jedoch im Vergleich zum elektrochemischen System eher langsam.
Die photokatalytische Umsetzung von CO2 befindet sich derzeit noch im Forschungsstadium. Unter Verwendung von Additiven soll eine neue Rohstoffbasis erschlossen werden, indem CO2 als Rohstoff für Chemikalien in einem solar betriebenen Recyclingprozess nutzbar gemacht wird. Angestrebte Produkte sind Methan, Synthesegas und Kohlenwasserstoffe.
Die Technologie der Plasmakatalyse ist ein weiterer neuartiger Ansatz zur CO2-Verwertung. Bei diesem Verfahren wird durch Zufuhr von Elektrizität ein schwach ionisiertes Plasma erzeugt, welches sehr reaktiv ist. Die Umwandlung des CO2 in Grundchemikalien wie Methanol und Ethylen wird durch freie Elektronen aktiviert, die im Plasma enthalten sind. Die Plasmachemie ist jedoch sehr komplex, und ein besseres Verständnis der Plasmareaktionen und der Wechselwirkungen zwischen Plasma und Katalysator ist erforderlich.
Tabelle 3: Technologien zur CO2 -Umwandlung, einschließlich des technischen Reifegrads (TRL), erstellt nach 1.
Aus der Bandbreite der vorgestellten Verwertungsmethoden gewinnt die elektrokatalytische bzw. elektrochemische Umwandlung von CO2 (eCO2R) in der wissenschaftlichen Gemeinschaft zunehmend an Interesse. Dafür sind insbesondere folgende Faktoren ausschlaggebend:
Im Vergleich zu anderen Technologien bietet die elektrochemische CO2-Reduktion eine Reihe wesentlicher Vorteile, auf die nachfolgend näher eingegangen wird.
Im Vergleich dazu ist die CO2-Gewinnung aus Abgasen, bei denen die Konzentration meist mehr als 10 % beträgt, deutlich günstiger als DAC. Als CO2-Quellen kommen in erster Linie gefasste Punktquellen in Frage, z.B. Rauchgasströme in Kraftwerken oder industrielle Prozesse, bei denen CO2 als Nebenprodukt produziert wird.
Die elektrochemische Reduktion stellt eine attraktive Technologie dar, da sie unter milden Bedingungen (nahe Raumtemperatur und Umgebungsdruck) in wässrigen Lösungen durchgeführt werden kann, wobei Wasser anstelle von molekularem Wasserstoff (H2) als Wasserstoffquelle verwendet wird. Darüber hinaus sind elektrochemische Umwandlungen aus mehreren Gründen sowohl hinsichtlich der Energieeffizienz als auch der Kosten attraktiver als andere Verwertungstechnologien:
Abbildung 2: Vorteile der elektrochemischen CO2-Umwandlung (Eigendarstellung)
Die zuvor genannten alternativen CO2-Verwertungstechnologien haben im Vergleich zur elektrokatalytischen Umwandlung einige Nachteile, die sie aus Sicht von GIG Karasek weniger attraktiv machen2:
Aus den angeführten Gründen setzt GIG Karasek auf die elektrochemische CO2-Umwandlung als Verwertungstechnologie. Nachfolgend geben wir einen kurzen Einblick in die Strategie, die GIG Karasek auf diesem Weg verfolgt.
Wie bereits erwähnt wird bei der elektrochemischen Umsetzung von CO2 Elektrizität angewendet, um CO2 als Rohstoff für chemische Synthesen zu nutzen. Abhängig vom eingesetzten Katalysatormaterial, dem Reaktionsweg, der Menge des CO2-Einsatzmaterials und der Energie gibt es eine Vielzahl von eCO2R-Produkten, die erzeugt werden können.
GIG Karasek hat Ameisensäure (HCOOH) und Kohlenmonoxid (CO) als zwei der vielversprechendsten Produkte für die Anwendung der CCU-Technologie ausgewählt:
Darüber hinaus verzeichnen CO und Ameisensäure den höchsten Marktpreis pro eingesetztes Elektron, obwohl der Marktpreis niedriger ist als bei anderen Produkten wie Methanol und Ethanol. Sie sind daher gute Kandidaten für die Entwicklung von CCU-Technologien.
Tabelle 4: Elektrochemische CO2R-Produkte, adaptiert nach 3
GIG Karasek ist aktuell in mehreren Forschungsprojekten aktiv, die sich mit innovativen Ansätzen zur elektrochemischen Umwandlung von CO2 in Wertstoffe befassen. Die Forschungskooperation mit der Johannes Kepler Universität Linz (JKU Linz) zur CO2-Verwertung auf Basis der sogenannten „Dream Reaction“ haben wir bereits vorgestellt.
Im Rahmen eines weiteren Projektes zur Direktelektrolyse von CO2 entwickelt GIG Karasek in Kooperation mit drei oberösterreichischen Unternehmen und der Universität Innsbruck ein erweitertes CCU-System auf Basis einer neuartigen Elektrolysezelle.4
Ziel des Projekts ist es, mittels einer CO2-Direktelektrolyse die Energie/Kostenbilanz der CO2Abscheidung und Verwertung von Rauchgasen zu optimieren, indem Zwischenschritte wie z.B. die thermische Desorption und Produktabtrennung bzw. -aufbereitung eingespart werden können. Die Abscheidung und elektrochemische Umwandlung von CO2 erfolgt somit nicht mehr in zwei gesonderten Schritten, sondern wird in einer Einheit integriert.
Die innovative Technologie basiert auf einer symbiotischen CO2-Absorptions- und Elektrolysezelle, die den Prozess deutlich verschlankt und die Energieeffizienz erhöht. Diese Mini-Plant Anlage dient als Basis für nächste Scale-up Schritte zur industriellen Forschung mit dem Ziel die CO2-Nutzung als künftigen Geschäftszweig zu etablieren und einen Innovationsschritt in der Abgasreinigung zu implementieren.
Abbildung 3: Bei der Direktelektrolyse erfolgt die CO2-Abscheidung und Umwandlung zu Wertprodukten in nur einem einzigen Schritt. Idealerweise wird der Prozess aus erneuerbaren Energiequellen gespeist (Eigendarstellung).
Der wichtigste Engpass auf dem Weg zur Industrialisierung des elektrochemischen CO2-Reduktionsprozesses ist die Systemintegration und Optimierung auf Systemebene.
Die Reaktorzelle mit integriertem Katalysator bildet lediglich die Basis der Technologie. Die größere Herausforderung besteht darin, die Reaktorzelle optimal in das Gesamtsystem zu integrieren und einsatzfähig zu machen. Selektivität, Aktivität und Stabilität von Katalysatoren stellen diesbezüglich Schlüsselparameter dar:
Eine ausschließliche Orientierung an hoher Selektivität, Aktivität, Stabilität, Kosten oder Skalierbarkeit ist nicht zielführend. Letztlich ist zur Erreichung des Optimums ein Kompromiss zwischen allen Parametern erforderlich.
Eine weitere Herausforderung bei der Industrialisierung der eCO2R ist die Stromdichte. Die industrielle Produktion von Wertprodukten aus CO2 erfordert eine Erhöhung der Stromdichte von Milliampere (mA) auf mehrere Ampere (A). Für die meisten Systeme stellt dies immer noch eine Herausforderung dar.
Um die bestmögliche Option herauszuarbeiten, ist es notwendig, diese Technologie in großem Maßstab in Pilotanlagen oder Demonstrationselektrolyseuren zu realisieren. Im Rahmen unserer Pilotanlage und unserer Forschungsprojekte untersuchen und verbessern wir daher jeden Parameter. Der Schwerpunkt hierbei liegt auf der Art des Elektrokatalysators, der Morphologie des Elektrokatalysators, der Elektrolytzusammensetzung und den Prozessbedingungen.
Die wirtschaftliche Machbarkeit von CCU-Konzepten hängt nicht nur von der technologischen Bereitschaft ab, sondern auch von der Schaffung politischer Rahmenbedingungen. Diese umfassen insbesondere die Kohlenstoffsteuerpolitik, die staatliche Förderung der Technologieentwicklung sowie Anreize für umweltfreundliche Produktionswege.
Die industrielle eCO2R ist im Vergleich zu Alternativen aus fossilen Rohstoffen für die chemische Industrie und die Energiespeicherung noch nicht wettbewerbsfähig. Sobald jedoch die elektrische Energie, die für die Umwandlung notwendig ist, aus erneuerbaren Energiequellen gespeist werden kann, ist eine wettbewerbsfähige Produktion möglich. Dies gilt insbesondere in Anbetracht enorm steigender Preise für Energie aus fossilen Quellen.
Natürlich ist die Elektrifizierung der chemischen Industrie ein herausfordernder Weg in Hinblick auf die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit mit Industrien, die auf fossilen Brennstoffen oder nicht-elektrochemischen Pfaden basieren. Dennoch ist GIG Karasek der Überzeugung, dass die Entwicklung von elektrochemischen Großtechnologien (z.B. eCO2R), die mit emissionsfreiem Strom betrieben werden, angesichts der enormen Umweltauswirkungen und der unvermeidlichen CO2-Emissionskosten in Zukunft notwendig ist.
Abbildung 4: CCU-Technologien im Kontext einer nachhaltigen Chemieindustrie, adaptiert nach 5© nova-institute.eu.
CO2 kann durch innovative Technologien mittelfristig als Rohstoff nutzbar gemacht werden, etwa für Kunststoffe, Baumaterialien oder Kraftstoffe. Entscheidende Vorteile zur CO2-Nutzung als künftigen Geschäftszweig bieten Technologien, die regenerativ erzeugte elektrische Energie direkt für die CO2-Konvertierung nutzen können. Die elektrochemische CO2-Umwandlung bei moderaten Prozesstemperaturen stellt dafür eine besonders effiziente und umweltschonende Methode dar. Die Erforschung und Entwicklung dieses CO2-Umwandlungspfades müssen daher jetzt stattfinden, um auf die Zukunft vorbereitet zu sein.
Mehr dazu, warum Investitionen in diesen Markt gerade jetzt sinnvoll sein können, erfahren Sie in unserem Artikel „CO2-Verwertung: 5 Gründe, warum sich Unternehmen jetzt beteiligen sollten“.
1 Nishikawa, E. (2022, April 29). CO2 conversion & utilization pathways: Techno-economic insights. PreScouter.
https://www.prescouter.com/2022/04/co2-conversion-utilization-pathways/ (abgerufen 27.9.2022)
2 Samanta, S., & Srivastava, R. (2020). Catalytic conversion of CO2 to chemicals and fuels: the collective
thermocatalytic/photocatalytic/electrocatalytic approach with graphitic carbon nitride. Materials
Advances, 1(6), 1506–1545. https://doi.org/10.1039/d0ma00293c
3 Mohsin et al., Economic and Environmental Assessment of Integrated Carbon Capture and Utilization, Cell
Reports Physical Science (2020), https://doi.org/10.1016/j.xcrp.2020.100104
4 CO 2 : Rohstoff statt Schadstoff. Cleantech-cluster.at. https://www.cleantech-cluster.at/news-presse/detail/news/co2-rohstoff-statt-schadstoff (abgerufen 27.9.2022)
5 Steeg, D., Renewable energy and renewable carbon for a sustainable future − graphic. Renewable Carbon
Publications. Abgerufen 18. Oktober 2022, von https://renewable-carbon.eu/publications/product/renewable-energy-and-renewable-carbon-for-a-sustainable-future-%E2%88%92-graphic/